Archivinhalt


Dieser Artikel stammt aus der Zeit meiner politischen Arbeit bis Oktober 2017 und kann überholte Informationen enthalten.
Meinen aktuellen Webauftritt finden Sie unter www.dagmar-woehrl.consulting



Hans Rudolf Wöhrl: Meine Frau, unser Kalender und ich.

Dagmar und Hans Rudolf Wöhrl. Gastbeitrag auf blog.dagmar-woehrl.de April 2013Die Sonne hat unser beschauliches Nürnberg in ein warmes Licht getaucht. Ich sitze morgens alleine am Frühstückstisch.

Meine Frau Dagmar ist leider nicht real bei mir, aber doch präsent, denn sie lächelt mir fröhlich aus der Zeitung entgegen. Und so erfahre ich, was sie gestern so gemacht hat oder für welche Projekte sie sich gerade engagiert.

Ja, das ist ein typischer Morgen, wenn die Ehefrau Bundestagsabgeordnete ist und mal wieder eine Sitzungswoche in Berlin begonnen hat. Gemeinsame Planungen für Urlaub, Treffen mit Freunden oder einen romantischen gemeinsamen Abend sollte ein Ehepaar, bei dem die Frau Spitzenpolitikerin und der Mann Unternehmer ist, ganz einfach streichen. Hat man sich dies erst einmal klar gemacht, funktioniert das Familienleben prima – weil es die sonst in einer normalen Beziehung so gefährliche Alltagsroutine schlicht nicht gibt.

Gastbeitrag von Hans Rudolf Wöhrl.

„Ach Du bist auch da?!“

Ist nicht die seltene, überraschte Äußerung, wenn meine Frau und ich uns zufälligerweise und nicht abgesprochen auf einer Veranstaltung begegnen. Sollten wir dann sogar noch nebeneinander zum Essen platziert werden, entwickeln sich meist spannende Dialoge.

Aber auch das ist eher die Ausnahme, denn üblicherweise ist bei solchen Veranstaltungen nur einer von uns in seinem Territorium, der andere hingegen nur Gast, der wenige Leute aus diesem Dunstfeld kennt und daher immer etwas hilflos in der Gegend herumsteht und ein paar Meter hinter seinem Ehegesponst herläuft, das voll im Einsatz ist!

Aber das ist meistens nicht so schlimm, denn dabei trifft man meistens auf interessante Menschen, die mit dem Thema auch nicht viel am Hut haben und sich daher über ein neues, ebenso ratloses Gesicht in der Menge freuen!

Dagmar und Hans Rudolf Wöhrl. Gastbeitrag auf blog.dagmar-woehrl.de April 2013

Die meiste Zeit führe ich ein stressfreies Junggesellen-Leben.

Nicht alleine, denn meine Mädels, in Gestalt meiner drei Hunde, habe ich immer im Haus. Die freuen sich, wenn ich komme und sind ernsthaft böse, wenn ich das Haus verlasse. Sie sind also sozusagen der Ersatz für eine typische Ehefrau. Glücklicherweise bestehen in unserer tierischen Beziehung Vorwürfe nur aus Blicken und nicht aus Worten. Meine drei Mädels und ich haben uns also gut arrangiert und wenn dann der Tsunami aus Berlin in unsere friedliche Stille einbricht, empfinden wir das in etwa so, wie einen Führungstreffer beim Club im heimischen Stadion! Da ist was los…

Doch lange währt das hektische Treiben nie, weil sich Frauen doch anders als Männer verhalten, wenn Sie nach einer arbeitsreichen Woche zurück in die heimatliche Höhle kommen. Während ich mich in solchen Fällen ganz ruhig auf die Couch lege, alle Fernsehprogramme durchzappe und meine Hunde kraule, hat meine Frau das Bedürfnis all das nachzuholen, was sie (als nur Hausfrau) sonst während einer Woche wohl erledigt hätte. Das sind dann jene Momente, in denen ich mich für ein paar Stunden in die Ruhe meines Büros zurückziehe und warte, bis der Sturm vorbei ist. Während dieser Zeit kann ich dann meine Bücher alphabetisch sortieren oder doch lieber nach Genre?

Es dauerte ein paar Jahre bis wir uns auch an den Schlafmangel gewöhnt hatten, ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen. Die Schlafens- und Aufstehzeiten weichen, beruflich bedingt, so stark voneinander ab, dass sich die „Kernschlafzeit“ in Richtung vier Stunden bewegte und das ist selbst für wohlwollende Schlafforscher auf Dauer, Grund für eine ultimative Kriegserklärung! Doch auch Soldaten müssen lernen selbst im Kampf ab und zu abzuschalten und Politik ist eben ein Kampf!

Über die Jahre haben wir uns auf ein paar feste Regeln geeinigt, um etwas Struktur in unsere turbulenten Kalender zu bringen. Sonntags wird gemeinsam mit der ganzen Familie gekocht und gegessen. Der Tatort ist die einzige Sendung, die wir beide gerne anschauen und hin und wieder steht auch der Club auf der Agenda. Dann heißt es für die gesamte Familie, raus zum Valznerweiher, denn unser Sohn Marcus ist ebenso wie wir überzeugter und leidensgeprüfter FCN-Fan. Der Stadionbesuch ist zwar dann meistens keine Entspannung, aber als Franke und auch als Ehemann ist man leiden ja gewohnt…

Hochzeit Brautpaar Dagmar und Hans Rudolf Wöhrl. Gastbeitrag auf blog.dagmar-woehrl.de April 2013Äußerste Konzentration und Durchhaltewillen erfordert es, unsere beiden Kalender derart kompatibel zu machen, dass wir zweimal im Jahr eine Woche gemeinsamen Urlaub finden. Dieser besteht dann aber aus absolutem Nichtstun: kein Sport, kein Stress, fast keine Politik, sondern nur lesen, Musik hören, gut essen und gemeinsame Gespräche führen.

Freunde und Bekannte fragen immer mal wieder, ob das denn eigentlich insgesamt eine akzeptable Lebensform ist. Wenn ich mir die vielen gescheiterten Standard-Ehen anschaue, bei denen das Familienleben immer als unabdingbare Nummer 1 und voll durchgeplant an erster Stelle stand, dann kann ich getrost diese Frage nicht nur mit „ja“ beantworten, sondern mir sogar den Hinweis nicht verkneifen:

„Eine Politikerehe (Frau in der Politik) fordert wahre Gleichberechtigung, wird daher nicht langweilig und hat oft eine erstaunlich lange Halbwertszeit!“

Gastbeitrag von Hans Rudolf Wöhrl.
12. April 2013

Weiterlesen: Hans Rudolf Wöhrl – Meine Top10

2 Gedanken zu „Hans Rudolf Wöhrl: Meine Frau, unser Kalender und ich.

  1. Jens Kleinsteuber

    Lieber Herr Wöhrl,

    herzlichsten Dank für diesen humorvollen Bericht als Ehemann ;-)

    Es ist sehr bemerkenswert, wie strukturiert eine Ehe sein kann und man dennoch nicht die Lust aufeinander verliert.

    Ich habe Dagmar nun schon mehrmals getroffen und muss sagen, dass sie nicht nur politisch sondern auch gerade menschlich eine Wucht ist ;-)

    Dagmar, Du weißt genau wie ich das meine *lach*

    Sie haben den Text mit einer Leichtigkeit verfasst,dass man schon fast traurig ist, irgendwann am Ende angekommen zu sein.

    Ich wünsche Ihnen noch viele schöne Jahre und tolle Momente miteinander.

    P.S.: Das Leben eines „Strohwitwers“ bringt ja auch so seine Vorteile mit, die einem Mann nicht ungelegen kommen, wenn man einfach mal Selbst sein kann und die Ruhe genießen möchte ;-)

    Herzlichste Grüße

    Jens Kleinsteuber

    Antworten
  2. Manuela Häckel

    Liebe Frau und Herr Wöhrl,

    ich gratuliere zur gelungenen Homepage. Der amüsante Gastbeitrag Ihres Mannes hat mich an gemeinsame Zeiten erinnert. Schön, dass Sie sich beide Ihre bewunderswerte Authenzität bis heute bewahrt haben.

    Liebe Grüsse ins Fränkische
    Manuela

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Manuela Häckel Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert