Am gestrigen Montag haben die Geldgeber in Brüssel erneut mit der griechischen Regierung über die Auszahlung weiterer zwei Milliarden aus dem Hilfspaket verhandelt. Bisher noch ohne Ergebnisse. Die Umsetzung von Reformen ist die Bedingung zur Ausschüttung aus dem dritten Rettungspaket. Aktuell besteht die Uneinigkeit erneut in der Umsetzung der Reformen, konkret geht es dabei um die Maßnahmen zur Rückzahlung von Wohnungs- und Hauskrediten. Erst wenn dies im griechischen Parlament beschlossen ist, werden weitere Gelder aus dem Hilfsfond nach Griechenland fließen, so sind die Auflagen.
Neben den konkreten und geforderten Maßnahmen zur Begleichung der faulen Kredite gibt es noch immer keinen Vorschlag der griechischen Regierung zur Privatisierung staatlichen Eigentums. Die Idee eines Privatisierungsfonds von 50 Mrd. Euro war bereits beim Beschluss zum dritten Hilfspaket nicht neu. Schon 2010 versprach die griechische Regierung mit der Einrichtung dieses Fonds zusätzliche Einnahmen zum Schuldenausgleich – wie wir heute sehen, ist auch dieses Versprechen erneut nicht eingehalten worden.
Schon im Sommer habe ich mit „Nein“ für ein weiteres Milliardenpaket gestimmt, denn: für eine konsequente, nachhaltige Umsetzung von Reformierungsmaßnahmen ist eine effiziente Verwaltung nötig. Diese ist in Griechenland weder zum jetzigen Zeitpunkt vorhanden, noch in absehbarer Zeit erkennbar. Es ist hinreichend bekannt, dass der griechische Staatsapparat den Klientelismus stets fördert, anstatt ihn zu bekämpfen. Auch nach den Neuwahlen ist hier keine tiefgreifende Strukturveränderung sichtbar. Stattdessen versucht Alexis Tsipras erneut eine Lockerung der Reformauflagen zu erkämpfen.
Eben dieses Vorgehen und Anwenden der Verzögerungstaktik lässt mich stark an dem politischen Willen der griechischen Regierung zweifeln. Das erneute Auflodern der immer gleichen Debatte zeigt leider: mit der Abstimmung für das Hilfspaket im September haben wir keine Lösung der Problematik erwirkt, sondern nur eine Aufschiebung beschlossen.
Zwei unterschiedliche Krisen
Neben dem Ringen um die Rettung des Staatshaushalts wird Griechenland nun zusätzlich durch die Flüchtlingskrise existenziell herausgefordert. Das Ausmaß dieser strukturellen und vor allem finanziellen Belastung durch den fortwährenden Flüchtlingsstrom, der auf den griechischen Inseln ankommt, ist natürlich auch der Eurogruppe bewusst. Dennoch dürfen wir uns hierbei auf keinen faulen Kompromiss einlassen und Reformauflagen gegen Maßnahmen zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms eintauschen, so wie es Alexis Tsipras ganz gut gefallen würde. Damit würden wir den griechischen Klientelismus in einem ganz ungesunden Maße unterstützen! Man kann Leid ganz sicher nicht durch Leid auflösen. Deswegen müssen wir diese zwei Krisen, mit denen wir hier konfrontiert werden, strikt getrennt behandeln. Das bedeutet, dass Europa auf der einen Seite Griechenland natürlich finanzielle Mittel zur Flüchtlingskrise zur Verfügung stellen muss, Griechenland andererseits aber sehr wohl weiterhin seine Auflagen für das Hilfsprogramm erfüllen muss.
Wir müssen Griechenland und seinen Menschen helfen, das ist ganz klar. Dies werden wir aber nur langfristig durch Investitionen schaffen, die den Aufschwung der Wirtschaft unterstützen. Am Ende dieses Kurses deutet sich nämlich – leider wie erwartet – nicht eine Verbesserung für die griechische Bevölkerung an, sondern ein viertes Hilfsprogramm.
Nachweis Bildquelle: Flag of Europe - photodune.net/item/flag-of-europe/4127756