Immer häufiger lesen und hören wir von niedergebrannten Kirchen oder von Anfeindungen und offener Gewalt gegen Christen. Für mich sind diese Entwicklungen sehr besorgniserregend, weil sie in unseren Partnerländern einen Großteil der Fortschritte zunichte machen können, die durch die Entwicklungszusammenarbeit unterstützt wurden.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche Deutschland hat bestätigt, dass seit 2007 die Verletzungen des Rechts auf Religionsfreiheit stetig zugenommen haben. Gläubige aller Religionsgemeinschaften in mindestens 111 Länder weltweit sind davon betroffen – zunehmend auch Christen.
Große Sorge bereitet uns derzeit die Situation in Nigeria, wo schätzungsweise 600 Kirchen abgebrannt worden sein sollen und Millionen Christen auf der Flucht vor Gewalt und Ausbeutung sind. Während meiner Dienstreise nach Ägypten konnte ich mit koptischen Christen sprechen und war erschüttert über deren Lebensumstände in Kairo, wo sie auf Müllbergen leben müssen. Ein trauriger Anblick. Die Lage der Kopten in Ägypten hat sich angesichts der Unruhen im Land seit 2012 noch einmal gravierend verschlechtert.
Die Diskriminierung aufgrund des Glaubens hat zahlreiche Formen. Sie kann einerseits durch staatliche Gesetze geschehen und äußert sich andererseits auch durch offene Anfeindungen in der Gesellschaft. Beides ist zu verurteilen und muss verhindert werden. Denn Religionsfreiheit ist in der Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen verankert und bildet somit ein grundlegendes Recht für jeden. Wenn wir uns für Religionsfreiheit einsetzen, unterstützen wir auch weitere Freiheiten in der Gesellschaft und stärken so die Demokratie vor Ort.
Insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern, in denen wir für langfristige Entwicklung eintreten, bildet die Religionsfreiheit also die Grundlage für jedes weitere Fortkommen einer gestärkten Gesellschaft. Schon 2009 haben wir im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung die Einhaltung der Religionsfreiheit zugunsten verfolgter Christen als eines der wichtigsten Ziele unserer Politik festgelegt und haben seitdem in der Außen- und Entwicklungspolitik noch einen stärkeren Fokus auf der Einhaltung dieses Menschenrechts.
Vor einigen Wochen habe ich auch während einer Unterredung mit den Prälaten der beiden christlichen Kirchen in Deutschland dieses Problem angesprochen. Denn die Politik und vor allem die Entwicklungszusammenarbeit können sich für Religionsfreiheit einsetzen. Ebenso sind wir aber auch auf die Zusammenarbeit mit den Kirchen und deren Einsatz vor Ort angewiesen. Die politische Weisung von oben kann nur bedingt erfolgreich sein, wenn wir die Zivilgesellschaft nicht überzeugen können.
Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass die Religionsfreiheit wieder zu einem der obersten Prinzipien in jedem Land weltweit wird. Denn egal, was ein Mensch glaubt, jeder von uns muss gleichberechtigtes Mitglied einer Gesellschaft sein.
Dafür werde ich mich auch in Zukunft einsetzen.